Jack London – Die furchtbaren Solomoneninseln
34 Seiten – Taschenbuch
Verlag: CreateSpace – Aus Juni 2016
ISBN-10: 1534835121
ISBN-13: 978-1534835122
Anklage gegen koloniale Machtausübung
Eine Bibliothek ohne die Klassiker, auch wenn sie nicht den bevorzugten Lesestoff enthalten mögen, ist keine richtige Bibliothek. Wenigstens eine Ecke sollte für die Klassiker der Weltliteratur reserviert sein. Jetzt könnte man natürlich trefflich darüber streiten, welche Autoren und/oder Werke zu dieser Klassischen Literatur gezählt werden müssen. Es werden vielleicht nicht alle so sehen, aber für mich gehört ein Autor und sein Werk unbedingt auf die Liste: Jack London
Jack London war ein großartiger Zeuge seiner Zeit. Genau verfolgte er alle Umbrüche Amerikas, das sich in seiner Zeit grundlegend wandelte. Jack London war zu seinen Lebzeiten der meistgelesene Autor der Welt. Als erfolgreicher Schriftsteller bekannte London sich in seinen politischen Essays, geprägt durch harte Erfahrungen in der Kindheit, häufig zu den unteren Schichten der Gesellschaft und offen zum Sozialismus. Er war bis kurz vor seinem Tod Mitglied der Socialist Party der Vereinigten Staaten
Jack London war zunächst, der allgemeinen Haltung seiner Zeit folgend, von der Überlegenheit der weißen Rasse in den Kolonialmächten gegenüber den indigenen Ethnien, etwa in Nordamerika oder der Südsee überzeugt. Seine Schriften bleiben dem rassistischen sprachlichen Duktus seiner Zeit verhaftet. Dies wird auch in den frühen deutschen Übersetzungen entsprechend wiedergegeben; z.B. hier in “Die furchtbaren Salomoninseln“.
Später entwickelte London die Idee einer weltumspannenden Gemeinschaft auf der Grundlage der Idee einer Weltsprache, die er im Hawaiischen als Ideal sah. Mit dieser Idee überwand London seine frühere rassistische Grundhaltung zugunsten von Vorstellungen einer humanen Gesellschaft, die auch die die Abwehr von Grausamkeit gegen Tiere und die Abschaffung der Todesstrafe einschloss.
Heutzutage muss man das alles vorausschicken, damit man versteht was Jack London eigentlich wollte – alles, was London schrieb, enthielt eine politische Botschaft, und die war ziemlich gleich. Er war wütend auf die Bourgeoisie und begeisterte sich für die russische Revolution. Die vorliegende Erzählung ist sicher inspiriert von einer von Jack London selbst unternommenen Reise, die er mit seiner eigenen Yacht Snark 1907 unternahm und die ihn auch zu den Salomonen brachte.
Anders als z.B. heute noch auf Papua-Neuguinea, waren die Salomon-Inseln zu dieser Zeit nicht mehr von Kopfjägern bevölkert; dennoch wurde von den Kolonisten der Ruf als Kopfjäger- und Kannibalen-Land gepflegt. Die Ureinwohner wurden als unfreundlich und barbarisch dargestellt, damit man der Machtausübung der Plantagenbesitzer einen legitimen Anstrich geben konnte. Tatsache war: Schwarze wurden von weißen Plantagen ausgebeutet. Ansteckende Krankheiten herrschten in der Bevölkerung, deren Immunsystem nicht an die von den Weißen eingeschleppten Krankheiten angepasst war.
Bertie Arkwright, der Protagonist dieser sehr kurzen Erzählung (23 Seiten in der Printausgabe), reist in der Südsee und gelangt zu den Salomoninseln. Hier erlebt all die Schandtaten, wie sie überall in den Kolonien den Ureinwohnern angetan wurden hautnah mit. Auch die Erwähnung der unsäglichen Krankheiten sind auf autobiographische Aspekte zurückzuführen – Jack London selbst erkrankte an „einer anhaltenden, ungeklärten Krankheit“, so schwer, dass er die als Weltreise geplante Schiffstour abbrechen musste.
Wilfried John