Raj Patel & Jason W. Moore – Entwertung: Eine Geschichte der Welt in sieben billigen Dingen
352 Seiten – Gebundene Ausgabe
Verlag: Rowohlt Berlin – Aus September 2018
ISBN-10: 3737100527
ISBN-13: 978-3737100526
Ein Buch, das Sie nur unterhält, ist eine angenehme Ablenkung, wenn Sie einmal nichts zu tun haben. Ich habe nicht das mindeste dagegen, Bücher nur der puren Unterhaltung wegen zu lesen; aber das hat leider keine Verbesserung der Verhältnisse zur Folge, in denen unser Leben steckt. Deshalb muss man hin und wieder auch mal seine Leselust auf ein Sachbuch verwenden, um sich Informationen zu beschaffen, die einem weiterhelfen… und hier kommt „Entwertung – Eine Geschichte der Welt in sieben billigen Dingen“ ins Spiel.
Grenzenloses Wachstum ist das Mantra der Marktwirtschaftler – und gemeint ist: es ist egal, ob ein Produkt sinnvoll, für das Menschsein erforderlich oder vollständig irre sein mag – es wird gemacht. Dieser Planet wird ausgebeutet, als wenn wir einen zweiten, neuen, in Petto hätten. Dabei stehen nicht mehr volkswirtschaftliche, schon gar keine ökologischen, Überlegungen im Zentrum des Handelns, sondern ausschließlich, die betriebswirtschaftliche Logik.
Dieses Denken hat es geschafft, dass wir „auf Teufel komm raus“ konsumieren… und zudem sind wir auch noch zu „Schnäppchenjägerinnen und –jägern erzogen worden. Alles ist für uns – vermeintlich – billig und schnell zu haben. Die wirklichen Kosten, gehen auf die „Rechnung“ der vielen prekär beschäftigten, gering entlohnten und zum Teil rechtlosen Menschen, hierzulande und überall auf der Erde.
Wir ruinieren den einzigen, uns zur Verfügung stehenden, Planeten, wenn wir nicht schleunigst kooperative Wege des Zusammenlebens und Wirtschaftens finden und den Kapitalismus bändigen. Das ist die Botschaft des Ökonomen Raj Patel und des Historikers Jason W. Moore. Dabei fanden sie in ihrem Buch eine überzeugende Form: Wie im Titel angedeutet, wird anhand von sieben „Dingen“ versucht, die Folgen solchen Wirtschaftens aufzuzeigen und nennen die Jagd nach dem billigsten Preis „Entwertung der Welt“.
Die Autoren widmen sie sich jeweils einem Aspekt dieser Entwertung der Welt: Natur wird ebenso entwertet wie Geld, Arbeit, Pflege, Nahrung, Energie und Leben. So eindrücklich wie umfassend schildern sie, dass die Krisen unserer Zeit in Wirklichkeit eine einzige Krise sind und dass diese einen langen Vorlauf in der Geschichte hat. Wie der Kapitalismus es schaffte, sich seine Produktionsmittel billig anzueignen und sie dann in diesem Zustand der Billigkeit zu halten, wird am Beispiel der Arbeit besonders deutlich dargelegt, wenn beschrieben wird, wie sie in konsequenter Ausweichbewegung von Arbeitsrechten und Emanzipationsbewegungen ausgebeutet wird.
Auch wenn das Werk nicht grundsätzliche Systemkritik ist, enthält es doch genügend Klarheit, mit der uns Jason W. Moore und Raj Patel den Kapitalismus als eine systemische und weltanschauliche Problemstellung beweisen. Dies ist ihnen wichtig, um deutlich zu machen, wie er nur im Widerstand gegen seine systemischen „Alternativlosigkeiten“ überwunden werden kann. Das Buch ist ein bereicherndes, provokatives und unbedingt lohnendes Buch für alle, die dem Genörgel am Kapitalismus eine möglichst planvolle Antwort folgen lassen wollen.