Ich gehe wie ein Haus in Flammen

Antonio Lobo Antunes – Ich gehe wie ein Haus in Flammen

448 Seiten – Gebundene Ausgabe

Verlag: Luchterhand Literaturverlag – Aus April 2017

ISBN-10: 3630875025

ISBN-13: 978-3630875026

Lobo Antunes gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Gegenwart… und mittlerweile liegen über 20 Romane vor, die in alle wichtigen Sprachen übersetzt wurden. Dabei handelte es sich um psychologisch fundierte Studien, die von tragischen Biographien, von Tod und Krankheit, Trennungen und unerfülltem Leben erzählen. In einer Welt, in welcher das Tun der halbseidenen Prominenz, glorifizierter Stars oder verkrachter Existenzen die Berichterstattung beherrschen, richtet er seinen erzählerischen Blick – und lenkt somit den Blick der Lesenden – auf das Schicksal ganz alltäglicher Menschen oder auch kleiner Randexistenzen.

In seinen besten Romanen thematisiert er die gesellschaftlichen Verhältnisse Portugals während der Diktatur und vor allem die unselige Rolle Portugals in Afrika; was ihm bis heute in Portugal verübelt wird. Auch setzt er sich intensiv und kritisch mit der gegenwärtigen portugiesischen Gesellschaft auseinander und vermeidet weder „heilige“ Themen wie Familie, noch das glorifizierte Geschichtsbild der Portugiesen; er ist deshalb daheim unbeliebt und gilt als Nestbeschmutzer. 

Dass seine Romane hierzulande keine Bestseller werden, mag am sprachlichen Stil Lobo Antunes´ liegen, der mit unglaublicher Dichte, erzählerischen Energie und immer einer Flut von Metaphern seine Geschichten erzählt. Das Werk des Autors gilt als Weltliteratur und mehrfach wurde er schon mit dem Literatur-Nobelpreis in Verbindung gebracht. ALA zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur und wahre Literaturbegeisterte kommen nicht umhin, diesem Schriftsteller einen prominenten Platz in ihrer Bibliothek einzuräumen.  

In seinem Roman „Ich gehe wie ein Haus in Flammen“ erzählt uns ALA von einem Mietshaus in Lissabon und dessen Bewohnerinnen und Bewohner. Er schildert uns hauptsächlich die Gedanken- und Erinnerungswelten jener Leute, die in den sechs Wohnungen dieses dreistöckigen Hauses leben. Aber es kommen auch Außenstehende zu Wort, die in irgendeiner Beziehung zu den Bewohnern stehen. Da es sich bei diesen Leuten durchweg um ältere, teils vereinsamte Menschen handelt, entsteht so nach und nach ein Gesellschaftsbild der letzten Jahrzehnte. ALA versteht es meisterhaft die Trostlosigkeit aus zerronnenen Träumen, enttäuschten Hoffnungen und unerfüllten Versprechen in Worte zu fassen, die man von solchen Lebensbeichten erwarten muss. Einmal mehr gelingt es Lobo Antunes, dieses singulär portugiesische Gefühl der Saudade in seiner ganzen Tragweite der Bedeutung darzustellen.

Der Autor verzichtet (wie schon oft in seinen Romanen) auf einen ausgesprochenen Protagonisten, der als Identifikationsfigur fesselt oder als Integrationsfigur die Story zusammen hält; eigentlich verzichtet er auch auf die Story. Es gibt nicht einmal einen Erzählstrang in „Ich gehe wie ein Haus in Flammen“. Eine Art Spannung ergeben die Wiederholungen des Leitmotivs, das seine Variationen durch die unterschiedliche Sicht auf die Dinge erfährt, die von den Hausbewohnern erzählt, gedacht und ausgedacht wird. Ein witziges Detail ist, dass jedes Kapitel mit einer Lagebezeichnung der jeweiligen Wohnung im Haus überschrieben ist.

Meine Faszination für die Romane Antonio Lobo Antunes´ ist seit Jahren ungebrochen und weil ich das nicht besser zum Ausdruck bringen kann, zitiere ich Verena Auffermann (Süddeutsche Zeitung): „Dass Antonio Lobo Antunes ein Meister ist, der wenig Konkurrenz zu fürchten hat, beweisen die Hymnen, die seit einigen Jahren seine Bücher begleiten. Seine Romane sind Verführungen, Besitz, ergreifende Totalvereinnahmungen… Vielleicht kann niemand so melodisch die schäbigen und zeitlosen Gefühle der Menschen beschreiben wie er. Das ist das Zeichen großer verfallsdatumsfreier Literatur.“