Robert A. Heinlein – Reiseziel Mond
Taschenbuch: 286 Seiten
Verlag: Lübbe – Aus Oktober 2001
ISBN-10: 3404242939
ISBN-13: 978-3404242931
Überraschung auf dem Mond
Mein Großvater las Science-Fiction, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Er las Zukunftsromane und neben den Romanen anderer Autoren, war er ausgesprochener Liebhaber (den Ausdruck Fan gab es für ihn auch nicht) von Robert A. Heinlein, den er in den 1950er Jahren kennengelernt hatte. Warum erwähne ich das? Nun, weil mein Großvater mich das Lesen lehrte… also nicht nur die Aneinanderreihung von Buchstaben, sondern das Erfassen von Texten. Und er war es auch, der mir meine ersten Bücher schenkte – unter anderem Zukunftsromane für Jugendliche von Robert A. Heinlein. Damit war die Neugierde auf diese Art Literatur geweckt und sie ist bis auf den heutigen Tag nicht kleiner geworden.
Grundsätzliche Informationen zum Buch: Der Roman der 1. von insgesamt 12 Romanen, die als die sog. „Heinlein Juveniles“, die Jugendromane, von Heinlein gelten und in den Jahren zwischen 1947 und 1958 erschienen. Sie sind zwar keine Serie im eigentlichen Sinne, mit durchgängiger Story und Protagonisten, aber die Romane erzählen sie eine zusammenhängende Geschichte der Eroberung des Weltraums. In diesen Zusammenhang ist auch einer der berühmtesten Heinlein-Romane, Starship Troopers zu stellen, der oft als 13. Geschichte der „Heinlein-Juveniles“ bezeichnet wird. Da dieser Roman aber 1959 in einem anderen Verlag erschien, wird er als eigenständig angesehen; wobei ich ihn, mit Verlaub, eher zur Reihe zugehörig sehe, weil ich das eben so von meinem Großvater präsentiert bekam.
Robert Anson Heinlein (1907-1988) gehörte ein halbes Jahrhundert zu den Großen des Genre Science Fiction. Seine schriftstellerische Laufbahn begann noch vor dem 2. Weltkrieg, aber der Überlegenheits-Zeitgeist der USA – gespeist aus der Weltmachtstellung, als Siegermacht des sog. Großen Krieges (WK I) und später als Atommacht – und der sog. Kalte Krieg, machte sich auch in seinem Werk bemerkbar. Natürlich beruht auch Fantasie, zum Teil auf dem Erkenntnisstand der Zeit – man kann die Dinge nur weiterdenken. Deswegen darf man die frühen Werke Heinleins auch nicht mit den Maßstäben heutigen Erkenntnisstands messen. Der heutige Erkenntnisstand über unser Sonnensystem, den näheren und ferneren interstellaren Raum und die Physik des Universums ist schon bei heutigen Schülern höher, als er Anfang der 1950er Jahre bei Lehrern war.
„Reiseziel Mond“ von 1951 ist die deutsche Fassung des Titels „Rocket Ship Galileo“ aus dem Jahre 1947. Drei US-amerikanische Jungs, Ross Jenkins, Arthur Mueller und Maurice Abrams, träumen vom Flug zum Mond. Diesem Traum widmen sie ihre komplette Zeit. Sie lernen begierig und lassen sich nicht mit oberflächlichen, typisch amerikanischen, Teenager-Themen (Mädchen, Partys und Autos) ablenken. Sie haben ein Geheimnis: Ihre private Versuchsstation im Wald. Dort basteln und testen sie Raketenmodelle, die Vorlage für richtige Mondraketen werden sollen.
Der Onkel der Teenager ist kein Geringerer als der berühmte Atomphysiker Dr. Donald Cargraves, der sogar für den Nobelpreis im Gespräch ist. Auch er ist von der Idee der Mondreise beseelt und wird auf das Tun seiner Neffen aufmerksam. Er weiß, dass es technisch möglich ist, da die Raketentechnologie auf der Erde längst sogar schon kommerziell eingesetzt wird, wäre es nur noch ein kleiner Schritt, sie auch zum Mondflug einzusetzen. Seine Schwierigkeiten sind höchstens finanzieller Art, denn niemand will ihm die Gelder geben.
Mit den Vorversuchen der Neffen und ein paar eigenen Ideen ausgestattet, ziehen sich die vier auf eine alte Atombomben-Teststation in der Wüste von New Mexico zurück und bauen an ihrer Mondrakete; dem Atom-Raumschiff „Galileo“. Eines Nachts ist es dann schließlich so weit und sie starten tatsächlich zum Mond. Die Reise verläuft glatt, aber angekommen, erwartet sie eine unangenehme Überraschung…
Natürlich habe ich als Jugendlicher noch nicht über das Hintergrundwissen besessen, das mir heute zur Verfügung steht. Natürlich hatte ich noch nicht die politischen Prägungen, welche mich heute ausmachen. Und auch die Kritikfähigkeit, die sich bekanntlich aus den Prägungen und dem Wissen speist, war dem entsprechend noch nicht entwickelt. Deswegen habe ich den Roman voller Begeisterung verschlungen! Sicher kann ich die häufig geäußerte Kritik verstehen, dass man aus didaktischen, weltanschaulichen und politischen Gründen ein großes Fragezeichen hinter die Romane der sog. „Heinlein Juveniles“ machen muss. Aber ich kann nicht verstehen, warum man der aufgeklärten „Heutigen Jugend“ diese Romane vorenthalten sollte.
Ich traue kritischen Jugendlichen zu, dass sie Unterhaltung von Indoktrination unterscheiden können… und wenn nicht, ist es sicher nicht völlig verkehrt, wenn sie ein einfaches Weltbild vorgeführt bekommen, als wenn sie völlig belanglosen Schund läsen. Wenn es mir hin und wieder gelingt, all den Kopfballast abzuwerfen, dann kann ich Robert A. Heinleins Jugendromane auch heute noch (nur so zum Spaß) lesen; in Gedenken an meine Kindheit und Jugend in den 1960ern… und aus mir ist kein bornierter Kalter Krieger geworden.