John Steinbeck – Von Mäusen und Menschen
128 Seiten – Taschenbuch
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft – Aus Dez. 2012
ISBN-10: 3423142111
ISBN-13: 978-3423142113
Eine Bibliothek ohne die Klassiker, auch wenn sie nicht den bevorzugten Lesestoff enthalten mögen, ist keine richtige Bibliothek. Wenigstens eine Ecke sollte für die Klassiker der Weltliteratur reserviert sein. Jetzt könnte man natürlich trefflich darüber streiten, welche Autoren und/oder Werke zu dieser Klassischen Literatur gezählt werden müssen. Ziemlich unstrittig sollte der Name John Steinbeck sein, seine Romane als Bestandteil einer Bibliothek der Klassiker ebenfalls und bei der Novelle „Von Menschen und Mäusen“ sollte ebenfalls keinen Streit geben.
John Steinbeck gehört zu den meistgelesenen amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts; weltweit. 1962 erhielt er „für seine einmalige realistische und phantasievolle Erzählkunst, gekennzeichnet durch mitfühlenden Humor und sozialen Scharfsinn“ den Nobelpreis für Literatur. Geboren 1902, verfasste zahlreiche Romane, Kurzgeschichten, Novellen und Drehbücher, arbeitete zeitweilig als Journalist und war 1943 Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 1940 erhielt er für seinen Roman „Früchte des Zorns“ den Pulitzer-Preis.
John Steinbecks Werk könnte man als sehr homogen bezeichnen, da sich sein Themenkreis an sich kaum je ändert. Ganz besonders trifft das auf diese Novelle zu, die 1937 unter dem Titel „Of Mice and Men“ erschien. Das Werk entspringt nämlich aus derselben Quelle wie der oben genannte Roman „Früchte des Zorns“ (auch von mir hier vorgestellt). Wegen eines Auftrags, den Steinbeck von der Zeitung „San Francisco News“ erhalten hatte, recherchierte der Autor für eine Artikelserie über entwurzelte Wanderarbeiter und diese Recherche ging in die zunächst in die Novelle „Von Mäusen und Menschen“ ein, um dann 1939 die Grundlage für sein Meisterwerk zu bilden.
Heute kann man sich kaum noch die Aufregung vorstellen (leider sind wir offensichtlich schon zu abgestumpft dafür?), die das Erscheinen dieser beiden Werke auslösten. Heute erfreut sich die Novelle sogar großer Beliebtheit, was wahrscheinlich daran liegen mag, dass noch im Veröffentlichungsjahr eine Bühnenfassung für den Broadway entstand. Das konnte leicht gelingen, da der Autor diese Novellen auch als Schauspiel und Drehbuch konzipiert hatte – die Dialoge waren also schon vorhanden und die Erzählpassagen wurden zu Regieanweisungen. Einem jüngeren Publikum wird wohl eher die Verfilmung von 1992 (u.a. mit John Malkovich) bekannt sein.
Eine Novelle ist ein Text, der uns von einer unerhörten Begebenheit, einem außergewöhnlichen Ereignis, von etwas Neuem berichtet. Diese Begebenheiten widersprechen dem für wahrscheinlich gehaltenen Gang der Dinge und erscheinen folglich als ungeheuerlich. Dennoch ist die Handlung der Novelle immer glaubhaft. Wir haben es also nicht mit mystischen Ereignissen zu tun, sondern nachvollziehbare und natürliche Abläufe prägen das Bild. In sechs Kapitel erzählt uns John Steinbeck eine solche Geschichte:
„Von Mäusen und Menschen“ ist die Geschichte einer extremen Freundschaft zwischen den beiden ungleichen Landarbeitern George und Lennie. Während Lennie geistig zurückgeblieben ist und nicht mit seiner enormen Stärke umgehen kann, ist George intelligent, sprachgewandt und lebenserfahren und denkt eben für seinen Freund mit. Ihr Lebensplan ist es, irgendwann einmal ein eigenes Stück Land zu haben und dafür ziehen sie als Wanderarbeiter von Farm zu Farm. Ständig geraten sie in Schwierigkeiten, ständig sind sie Anfeindungen ausgesetzt, ständig werden sie um ihren Lebensplan betrogen…
Selbst ihr ständiger Versuch allen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, führt nicht dazu, dass es keine Probleme gibt. Nicht sie verursachen sie, sondern sie werden durch herzlose Farmer, Neider oder der Frau ihres letzten Arbeitgebers in diese Probleme hineingezogen. Als Lennie den lüsternen Nachstellungen der Ehefrau nicht mehr ausweichen konnte, geschieht das Unglück und er tötet den Quälgeist unabsichtlich. Letztlich scheitern sie an der Realität der gesellschaftlichen Zustände.
Weil seine Geschichten immer bodenständig, gut recherchiert und so erzählt werden, dass man sie beinahe schon für Reportagen halten kann, lassen sie sich immer gut lesen. Es geht John Steinbeck immer auch darum, dass in seinen Geschichten ein Abbild der Wirklichkeit zu finden sein sollte. Er wollte auch für die Verbesserung der Lebensverhältnisse schreiben. Insofern John Steinbecks Genre nichts von seiner Bedeutung für eben diesen Zweck verloren hat (bedauerlicherweise…) und sich auch heute noch nicht angestaubt und aus der Zeit gefallen lesen lässt, ist es an sich schon ein Stück Weltliteratur. Und auch wenn man seine Erzählungen nicht so schätzen sollte wie seine Romane, so ist diese Sammlung von Erzählungen dieses Großen der Literatur auch Weltliteratur und gehört alleine deswegen schon, jede gut sortierte Bibliothek. Ich hoffe, meine Bemerkungen waren hilfreich…