Wolfgang Hohlbein – „Charity – Die beste Frau der Space-Force 2“

Wolfgang Hohlbein – Charity 2

Taschenbuch – 180 Seiten

Verlag: Bechtermünz – Aus 1997

ISBN-10: 3860478338

ISBN-13: 978-3860478332

Die beste Frau der Space Force

Wie ich zu anderen Gelegenheiten schon häufig zu Protokoll gegeben habe, bin ich seit meiner frühen Jugendzeit ein leidenschaftlicher Science-Fiction-Fan. Beeinflusst von meinem Großvater der Science-Fiction las, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Warum erwähne ich das? Nun, weil mein Großvater mich das Lesen lehrte… also nicht nur die Aneinanderreihung von Buchstaben, sondern das Erfassen von Texten. Und er war es auch, der mir meine ersten Bücher schenkte – unter anderem auch seine Zukunftsromane. Damit war die Neugierde auf diese Art Literatur geweckt und sie ist bis auf den heutigen Tag nicht kleiner geworden.

Allerdings ist nicht alles was unter der Flagge Science-Fiction segelt tatsächlich diesem Genre sauber zuzuordnen. Häufig verhält es sich hier, wie bei den in Mode gekommenen sog. Historischen Romanen, die ihre Story lediglich vor einer historischen/pseudo-historischen Kulisse spielen lassen, anstatt historisch verbriefte Fakten zu verwenden. Science-Fiction muss sich – meiner Ansicht nach – von Fantasy abgrenzen und (bedauerlicherweise) geschieht das häufig nicht. Um Fantasy handelt es sich immer dann, wenn die erzählten Phänomene keinen Bezug zu einer (natur-)wissenschaftlichen Überlegung haben und stattdessen Elemente der Phantastischen Literatur verwenden.

Warum diese Einleitung zu dieser Besprechung? Als Rezensent hatte ich mir die Aufgabe gestellt, die Klassiker der Science-Fiction-Literatur zu besprechen. Dabei entdeckte ich, dass eine der Wurzeln des gesamten Genres in Deutschland gründen; verbunden, mit den Namen Kurd Laßwitz (1848 – 1910) und Hans Dominik (1872 – 1945). Wer „beerbte“ Laßwitz und Dominik? Wer führte die Tradition fort? Dabei stieß ich in meiner Generation natürlich auf den Namen Wolfgang Hohlbein (kurz WH – Jahrgang 1953). WH ist ein deutscher Autor, der im Schwerpunkt Science-Fiction schreibt. Aber er ist auch Autor in jenem Genre, von dem er sich als Science-Fiction-Autor – meiner Auffassung nach – gründlicher distanzieren müsste: Fantastik. WH gehört mit über 40 Millionen verkauften Büchern, zu den erfolgreichsten Autoren Deutschlands und wurde als Erster mit dem Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar, der von Phantastische Bibliothek Wetzlar, der weltweit größten öffentlich zugänglichen Bibliothek für phantastische Literatur, vergeben wird.

Zu diesem Buch: Der vorliegende Titel „Charity – Dunkel ist die Zeit“ ist der 2. Band der Charity-Reihe aus dem Jahre 1989. Eingedenk meiner Einleitung muss ich sagen, dass dem Autor die Trennung von Science-Fiction und Fantasie nur zum Teil geglückt ist. Der Plot dieses zweiten Teils ist recht simpel: WH erzählt den Zweiten Teil ohne eigentliche Rückblende auf den ersten Teil einfach weiter. Captain Charity Laird wacht in einem der Langzeit-Schlaftanks auf. Und muss sich natürlich zuerst orientieren; was ihr zunächst einfach nicht gelingen mag. Das liegt hauptsächlich daran, dass sie keinen richtigen Bezugspunkt hat und nicht weiß, wie lange sie im Tiefschlaf gelegen hatte; die Digitalanzeige ist ausgefallen und der Kollege, der damals mit ihr zusammen die Station betreten, hatte ist verschwunden.

In der Station findet sie alles was zu einer guten Ausrüstung nötig ist; inklusive Werkzeug und Waffen. Die braucht sie auch, wie sich kurze Zeit später schon herausstellt, denn sie gerät in eine „Mad Max-Welt“ und muss sich gegen die Sharks wehren. Ganz nebenbei rettet sie auch noch ein Mädchen vor diesen Sharks, was sich später noch als sehr hilfreich herausstellen wird.

Geschichte ist recht simpel, wird uns aber recht interessant in zwei Romanzeiten erzählt: Die Gegenwart des Romans ist der 12. Dezember 1998 und in Rückblenden werden die Ereignisse seit dem 4. März 1998 erzählt. An diesem Datum fand die Begegnung eines von der Erde entsandten Raumschiffs, mit einem aus der Galaxis ins Sonnsystem einfliegenden riesigen extraterrestrischen Flugkörper statt. Die Kommandantin Captain Charity Laird flog ein Anpassungsmanöver und wechselte mit einem Kommando auf das fremde Schiff.

Aber alle ihre Erwartungen wurden enttäuscht: Das Schiff war offenbar leer, die Technik war nicht fortschrittlicher als das was man auf der Erde entwickelt hatte und von Außerirdischen keine Spur; bis auf eine – eine offenbar Jahrtausende alte Chitin-Kralle, wie sie bei einem riesenhaften Insekt hätte vermutet werden können. Nach der Heimkehr zur Erde, stürzte sich alle Welt auf die Crew und ihre Kommandantin, um jedes Detail dieses Abenteuers zu verwerten; die Kommandozentrale zur Auswertung der wissenschaftlichen Ergebnisse, die Presse zur Befriedigung der Sensationslust. Das fremde Sternenschiff unterdessen, flog an der Erde vorbei.

Aber nach einer Umrundung der Sonne kehrte es zur Erde zurück und vollführte ein irrsinniges Landemanöver, um schließlich am Nordpol zu landen. Natürlich zog nun dieses Ereignis sämtliche Aufmerksamkeit auf sich und Captain Lairds Crew konnte endlich ihren wohlverdienten Urlaub antreten. Doch wenig später überschlugen sich die Ereignisse – tausende von Wissenschaftlern und Soldaten, die rund um das fremde Sternen schiffe stationiert waren, um es zu untersuchen, waren spurlos verschwunden und rund um das Schiff war ein elektromagnetisches Feld aufgebaut, das jedes Nährkommen unterband. Alles sah nach Angriff aus.

Die Außerirdischen ließen sehr hoch in der Atmosphäre Wasserstoffbomben explodieren und erzeugten so einem mächtigen elektromagnetischen Impuls, einen EMP, der elektronische Bauteile in nicht abgeschirmten elektrischen Geräten zerstört. So entwaffnen sie jeden hochtechnischen Widerstand. Alle Versuche, die Fremden aufzuhalten und die Invasion zu stoppen schlagen fehl, weil die Fremden über Materietransmitter immensen Nachschub bekommen. Am Ende geht Charity einen einsamen Weg in einen Schlaftank, in dem sie wer weiß wie lange überleben wird.

Schlussbemerkungen: Das Gute an diesem Roman ist, dass er flüssig zu lesen ist und man sich gute drei/vier Stunden gut unterhalten fühlen kann. Die Thematik ist interessant und wenn man das so lesen möchte, durchaus auch gesellschaftskritisch zu verstehen. Denn die Story wirft die Frage auf, ob die Menschheit alles was technologisch sinnvoll ist, auch tatsächlich machen sollte, ohne auf die höheren Kosten zu achten (Abschirmung elektrischer Infrastruktur). Und der Roman stellt implizit auch die Frage, wie man mit Kritikern umgeht.

Natürlich kann ich nicht umhin, eingedenk meiner Einführung, diesem Autor meine Auffassung von Science-Fiction vorzuhalten. Aber er umschifft diese Klippe geschickt, denn er versucht erst gar nicht, diesen ominösen Materietransmitter (pseudo-)wissenschaftlich zu erklären und überlässt es dem Unklaren oder der Vorstellungskraft der Leser*innen. Nun, ich hatte meinen Spaß und andere – vielleicht weniger strenge Science-Fiction-Fans – werden ihn auch haben. Insofern ist die Reihe ein interessantes Projekt. Ich bin weiter gespannt.

Bei dem meisten was heutzutage als Science-Fiction firmiert, handelt es sich um so etwas wie „Science Fantasy“. Häufig bedient man sich klassischer Fantasy-Elemente und interpretiert sie um. So wird etwa das Stilmittel Magie in der Fantasy-Literatur, in der zeitgenössischen Science-Fiction häufig gegen Psi-Kräfte ausgetauscht oder aus Göttern und Geistern, werden evolutionär fortgeschrittene Lebensformen. Ich bin ein Befürworter der etwas strengeren Science-Fiction-Definition (wie man vielleicht schon mutmaßte) und vertrete die Ansicht, dass sich Science-Fiction durch eines oder mehrere Elemente auszeichnet, die in unserer normalen Alltagswelt (noch) nicht möglich sind, diese aber wissenschaftlich erklärbar und rational nachvollziehbar sein sollten. Zeitreisen oder das Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit entspringen oft reinem Wunschdenken und basieren nicht auf wissenschaftlichen Fakten. In ihrer Plausibilität unterscheiden sie sich kaum von Topoi des Märchens wie fliegenden Teppichen oder sprechenden Tieren.